Wie können Sie ein solches System von Faustregeln, den Entscheidungskompass, am besten in der Praxis nutzen? Für die Anwendung des Regelsystems bieten sich drei einander ergänzende Möglichkeiten an:
• „Routine-Check“-Einsatz: Es gilt, regelmäßig – z. B. einmal im Jahr – alle Faustregeln anzusehen, um kritisch zu prüfen, welche nicht befolgt werden. Solche „Verstöße“ sollten kritisch durchdacht und begründet oder andernfalls möglichst zügig beseitigt werden. So werden die Faustregeln zu einem Hilfsmittel für Unternehmensanalyse und Strategieentwicklung bzw. Strategieüberwachung.
• Zielorientierter Einsatz: Wenn ein Unternehmer konkrete Ziele (z. B. Reduzierung des Risikos) verfolgt, kann er gezielt die Faustregeln aufsuchen, die auf diese Ziele hinwirken.
• Maßnahmenorientierter Einsatz: Wenn ein Unternehmer konkrete Maßnahmen plant (beispielsweise ein Investitionsprojekt, eine Werbekampagne oder eine Geschäftsprozessoptimierung), kann er gezielt die Faustregeln anwenden, die bei solchen Maßnahmen relevant sind.
Auf die unter 2. und 3. genannten Einsatzmöglichkeiten wird im Zusammenhang mit dem „Entscheidungskompass für Unternehmer“ noch ausführlicher eingegangen. Mit dem Entscheidungskompass soll die gezielte Suche nach Faustregeln unterstützt werden.[35]
Im Folgenden werden die wichtigsten unternehmerischen Faustregeln – gegliedert nach Unternehmensfunktionen – vorgestellt und kurz erläutert. Um die – prinzipiell beliebig zu erhöhende – Anzahl der Regeln in einem zu handhabenden Umfang zu halten, wurden insbesondere solche Regeln ausgewählt, die
Es lässt sich natürlich nicht beweisen, dass die hier zusammengefassten Faustregeln tatsächlich die wichtigsten sind. Es lassen sich also mit Sicherheit weitere sinnvolle und interessante Faustregeln angeben. Dennoch ist ihre Auswahl nicht willkürlich. Sie orientiert sich insbesondere an den Faktoren, die durch die Krisen- und Erfolgsfaktorenforschung als besonders maßgeblich für die Unternehmenszukunft herausgearbeitet wurden (vgl. Gleißner (2000)), was beispielsweise Themen wie Kernkompetenzen, Risiko, Wettbewerbsvorteile oder wertsteigernde Investitionen umfasst.
Einige der folgenden Faustregeln mögen selbstverständlich erscheinen; eine Stärke des Systems ist es jedoch gerade – wie jede Checkliste – sicherzustellen, dass an Selbstverständliches gedacht wird, was in der Unternehmenspraxis – unter Zeitdruck – leider oft nicht geschieht. Außerdem ist zu bedenken, dass eine Faustregel selbst nur als „Einstieg“ in die jeweilige Thematik aufzufassen ist. Im vollständigen System der Faustregeln (vgl. Gleißner (2000)) ist jeder Regel eine zwei- bis dreiseitige Erläuterung beigefügt, die die konkrete Umsetzung in der Praxis sowie die zugehörigen betriebswirtschaftlichen Methoden vertiefend beschreibt. Beispielsweise ist bei der Faustregel „Wertsteigernde Investitionen“ („Investitionen müssen eine Kapitalrendite mindestens in Höhe der Kapitalkosten erwarten lassen, um den Unternehmenswert zu steigern“) erläutert, wie Rendite und Kapitalkosten einer Investition berechnet werden können.