Vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Inflationsrate und den vielfältigen negativen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs weisen nun zunehmend auch Politiker darauf hin, dass den Deutschen ein erheblicher Wohlstandsverlust droht. Der starke Anstieg des Preisniveaus, insbesondere der Energie- und Rohstoffpreise, führt dazu, dass die Kaufkraft für andere Zwecke nicht mehr zur Verfügung steht. Die insgesamt hohe Inflationsrate führt zu einem Rückgang der Reallöhne und entwertet die oft für die Altersvorsorge aufgebauten Vermögenswerte, wie Bankguthaben, Staatsanleihen und Versicherungen. Durch die hohen Inflationsraten drohen nun auch steigende Zinssätze („Zinskrise“) mit der Konsequenz fallender Preise von Immobilien, insbesondere solche ohne inflationsindexierte Mieten, und der Aktien von Unternehmen, die keine hohe Preissetzungsmacht aufgrund fehlender Wettbewerbsvorteile aufweisen. Speziell hochverschuldeten Unternehmen droht durch die Verbindung von Stagflation und hohen Zinssätzen die Insolvenz.
Die nun erkennbare unerfreuliche wirtschaftliche Entwicklung mit einem Verlust von Kaufkraft und realem Vermögen ist (wie so oft) das Resultat eines seit langem bestehenden und in der Forschung bekannten Risikos, das nur ignoriert wurde (Phänomen der „Risikoblindheit“). Viele Menschen sind von einem Vermögensstand ausgegangen, der bei einer genaueren Betrachtung gar nicht existiert hat. Man kann hier von einer Vermögensillusion sprechen (Gleißner, 2019) und bei einer etwas genaueren Betrachtung drei Facetten unterscheiden:
Fazit: Die aktuellen Realitäten zeigen, was an sich schon lange klar war: die Risiken, denen Unternehmen und auch Privatpersonen in Deutschland ausgesetzt waren, haben sich in den letzten Jahren erhöht. Neben einer Zunahme geopolitischer Risiken war und ist auch die expansive Geldpolitik der Zentralbank (und die drohende Haftungsunion in der europäischen Union) klar risikoerhöhend. Oft wurden bestehende Risiken ignoriert und Investoren haben sich die Vermögenslage „schön gerechnet“. Weder der Staat, noch Unternehmen, noch Investoren haben sich mit „robusten Strategien“ befasst (siehe dazu Gleißner/Kreuser/Kamarás, 2017). Der nun schon erkennbare und voraussichtlich weiter anhaltende Verlust von Vermögenswerten sollte aus dieser Perspektive betrachtet werden: Die Preise vieler Vermögensgegenstände waren und sind relativ zum fundamentalen Wert erhöht. Dies zu übersehen, kann man als Vermögensillusion bezeichnen.
Weiterführende Literatur
von Werner Gleißner
05. September 2022