Risk Governance: Perspektiven
Professor Arne Wiedemann und Professor Volker Stein haben in den letzten Jahren mit dem Risk Governance-Modell ein integratives Konzept entwickelt, das auch für mittelständische Unternehmen einen intelligenten Rahmen für den Umgang mit Chancen und Gefahren bietet.
Das aus Anlass der 10. Risk-Governance-Konferenz erschienene Buch (Jubiläumsband) mit 50 Beiträgen kann ich nur empfehlen. Das Buch „Risk Governance in Organizations: Future Perspectives“ steht als Open-Access-Publikation zur Verfügung.
Ich selbst habe mich mit dem Beitrag „Risk-Governance-Perspektiven: Nachhaltigkeit, Robustheit, Business Judgement Rule und Value Based Management“ beteiligt.
Hier knapp eine Skizze des Beitrags:
Mit dem Risk-Governance-Ansatz gibt es seit Jahren ein Konzept für die Verbesserung der Fähigkeit von Unternehmen, mit Chancen und Gefahren (Risiken) umzugehen. Er verbindet somit ein wissenschaftliches Fundament mit konkreten praktisch umsetzbaren Leitlinien, die auch für mittelständische Familienunternehmen geeignet sind. Ausgehend von grundlegenden Beschreibungen des Ansatzes wurden in den letzten Jahren bereits viele wichtige Facetten des Konzepts weiterentwickelt, präzisiert und im wissenschaftlichen, aber auch praxisorientierten Schrifttum dargestellt. Wie jeder andere fruchtbare konzeptionelle Rahmen wird sich auch das Risk-Governance-Konzept in den nächsten Jahren weiterentwickeln. Wesentlich ist dabei, dass die schon die letzten Jahre prägenden und auch in der Zukunft relevanten „Trends“ des Risikomanagements innerhalb des Risk-Governance-Konzepts Platz finden. Genau dies ist zweifelsfrei möglich.
Auch die zuletzt durch StaRUG und FISG erweiterten Anforderungen des Gesetzgebers an ein Krisen- und Risikofrüherkennungssystem lassen sich problemlos im Risk-Governance-Konzept umsetzen. Die Herausforderungen in der Zukunft bestehen daher weniger in der Weiterentwicklung des Risk-Governance-Konzepts als Ganzes, sondern eher in der Integration spezifischer Bausteine, wie zum Beispiel Strategiebewertungsfunktionen, in konkreten Unternehmen.
Der Rahmen des Risk-Governance-Konzepts kann zukünftig auch dazu dienen, weitere für eine risikoorientierte Unternehmensführung wichtige Herausforderung „anzunehmen“. Zu denken ist hier beispielsweise an folgende Themen:
- Verknüpfung mit Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitsrisiken:
Die Forderung nach einer nachhaltigen Unternehmensführung erfordert eine Präzisierung der „finanziellen Nachhaltigkeit“, einem Konstrukt, das maßgeblich durch das aggregierte Gesamtrisiko bestimmt wird, sowie die Einbeziehung der „Nachhaltigkeitsrisiken“, die finanzielle und auch nichtfinanzielle Auswirkungen haben (Gleißner, W./Günther, Th./Walkshäusl, Ch. (2022): Financial sustainability: Measurement and empirical evidence, in: Journal of Business Economics, Jg. 92, Nr. 3, S. 467-516).
- Verknüpfung mit „umfassenden“ Konzepten für die strategische Zukunftssicherung von Unternehmen:
Gerade durch die Erfahrungen der letzten Wirtschaftskrisen wird es für Unternehmen zunehmend wichtig, strategisch angelegte Konzepte der Existenzsicherung zu realisieren, um „Zukunftsfähigkeit“ zu erreichen. Integrative Messkonzepte, wie der QScore (Gleißner, W./Weissman, A. (2021): Der Family-Q-Score: Qualitätssiegel für krisenfeste Familienunternehmen und Rahmen für die Finanzierung, in: Rethinking Finance, Jg. 3, Nr. 5, S. 35-42), verdeutlichen hier drei große Aufgabenfelder: Unternehmen benötigen eine hohe finanzielle Nachhaltigkeit, eine robuste Unternehmensstrategie mit resilienter Leistungserstellung sowie eine ausgeprägte Fähigkeit im Umgang mit Unsicherheit, speziell im Hinblick auf die Risikofrüherkennung und die Berücksichtigung von Risiken bei unternehmerischen Entscheidungen.
von Werner Gleißner
5. April 2023